Judith Kaminski Judith Kaminski
Foto: Judith Kaminski

Menschen

Flora trifft Farbe

erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 105 (September 2021)

Die Natur steht im Mittelpunkt der Werke von Judith Kaminiski. Ihre Beobachtungen von Blumen, Blüten und Pflanzen sind farbgewaltig und wirken intensiv. Formenreichtum und Leuchtkraft zogen uns in den Bann, als wir beim Open House im Speicher II in diesem Sommer durch Kaminskis Atelier streiften.

„Gemalt hab ich schon immer“, erinnert sich die 27-Jährige. Ein Segen, dass nicht nur ihre Eltern dieses Interesse förderten, sondern dass Judith auch im Laufe ihrer Schulzeit und an den Nachmittagen auf Kunstpädagogen traf, die ihre Leidenschaft erkannten und mit immer neuen Impulsen versahen.

Zugegeben: Als sie dann als Jugendliche erkannte, dass „man das ja auch studieren kann“, fiel durchaus häufiger mal das warnende Stichwort der „Brotlosen Kunst“ in Freundeskreis und Familie. 2013 begann sie ihr Studium an der Kunstakademie Münster, zu Beginn „auf Lehramt“ D und ab 2017, nach ihrem Bachelor, hat sie dann komplett auf „Freie Kunst“ umgesattelt. Jetzt konnte sie ihre komplette Aufmerksamkeit auf das künstlerische Schaffen richten.

Seitdem ist viel passiert. 2018 bezog Judith Kaminski ihr Atelier im Speicher II. Das war der Zeitpunkt, der ihr auch klar machte, dass eine gewisse Ernsthaftigkeit mit dem künstlerischen Tun verbunden ist. Miete musste bezahlt werden. Also galt es, ihr Werk bekannt zu machen, Ausstellungen zu organisieren, Menschen zu erreichen und zu begeistern, Förderanträge zu schreiben und so fort. Das angeblich von Karl Valentin stammende Wort „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“ trifft es sehr gut, was Judith erlebte und bewegte. „Das Bild von den Künstlerinnen und Künstlern, die den ganzen Tag bei Kaffee oder Rotwein rauchend und plaudernd in ihren Ateliers abhängen: das habe ich so nicht erlebt“, schmunzelt Judith. Sie wirkt aber auch nicht so, als habe sie Interesse daran.

Foto: Judith Kaminski
Die Idee des „Stickerbuchs“ hat uns besonders gefallen: Hier finden Judiths Werke als Miniaturen individuell durch den Betrachter in verschiedene Umgebungen eingeklebt einen neuen Kontext.
Foto:
Mandelblüte, Öl auf Leinwand, 60 x 50 cm, 2020

Frisch und aufgeräumt zeigt sie uns, wie sie arbeitet. Blumen, Pflanzen und deren Einzelteile zerlegt sie zunächst fast schon chirurgisch in Farben und Formen. Die Motive sind von bereits existierenden botanischen Illustrationen abgeleitet. Daran reizt Judith besonders, diese in einen formal strukturierten Bildaufbau zu ordnen. „Die Natur ist eine nicht enden wollende Inspirationsquelle“, so Kaminski. „Auch in der Kunstgeschichte finden sich immer neue Ankerpunkte für das, was ich dann durch meine eigenen Augen sehe.“ Bei ihren Arbeiten handelt es sich allerdings um Weiterentwicklungen von Blüte, Blatt und Struktur der Natur. Beeinflusst durch die digitalen Medien und ihre Möglichkeiten, kommen hier die Seh- und Spielweisen von Computer- und 3D-Programmen, die Anwendungen von iPad- Devices hinzu. Neben Malerei sind hier etwa auch die Keramikarbeiten zu erwähnen.

Der ebenenhafte Aufbau etwa aus Farbverlauf, scherenschnittartigen Strukturen sowie verschiedenen Schichten und Details bedient sich immer wieder eines gewissen für Judith Kaminski typischen Repertoires, das vielleicht mit einer Skizze am iPad begonnen hat, schließlich aber ganz klassisch mit Pinsel und Ölfarbe auf die Leinwand findet. Typisch ist auch eine unterliegende und strukturierende Rasterung. „Meine Bilder sind minutiös durchgeplant“, fasst Kaminski ihre Arbeitsweise fast schon trocken zusammen.

Foto: Judith Kaminski
Alles so schön bunt hier! Die „knatschige“ Farbigkeit ist den digitalen Einflüssen ihrer Arbeit geschuldet, sagt Judith Kaminski.
„Analog und digital treffen sich bei meiner Arbeit: Die Ästhetik digitaler Programme und Medien beeinflusst meine Malerei stark.“ Judith Kaminski

Zahlreiche Kunstpreis-Nominierungen, Stipendien und Auszeichnungen bestätigen den Weg und die in vielerlei Hinsicht klare Linie der jungen Künstlerin, die ihre Arbeit trotz der möglicherweise zunächst verspielt wirkenden Motive mit strategischer Ernsthaftigkeit angeht.

Nach ihrem Examen im Herbst 2020 hat sie ihr Meisterschülerjahr angehängt, das in diesen Tagen zuende geht. Sie hat dieses weidlich ausgenutzt und bewusst auf die Kompetenzen, Maschinen und das Umfeld der Kunstakademie zurückgegriffen, hat ausprobiert, intensiviert und ausgestellt, zuletzt gerade im August in der „Messe in St. Agnes“ der Berliner König Galerie. Jetzt im September läuft eine deutsch-chinesische Ausstellung in Taicang, an der Judith mit ihren Werken teilnimmt. Und schließlich haben auch wir in Münster und im Münsterland die Möglichkeit, uns Judith Kaminskis Werk aus der Nähe anzusehen: Der Kunstverein Greven zeigt eine Ausstellung der Künstlerin im Kunstturm über den kompletten September.

Viel Kunst, viel Arbeit. Aber natürlich auch viel Vergnügen – und wenn es gut läuft, auch ein bisschen Freizeit nebenher: Gemeinsam mit ihrem Freund wohnt Judith im Hansaviertel, genießt die schönen Cafés dort, schlendert am Kanal entlang (sicher immer auch auf der Suche nach Inspirationen aus der Pflanzenwelt). Hobbys? Keine. „Die Kunst ist mein Hobby“, lacht Judith. Und ihr Beruf ist die Kunst auch.

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